Gescholten, doch mit großem Potenzial

Aluminium-Bauteile während der Pulverbeschichtung im Griesser-Werk (Foto: © Griesser)

Aluminium ist aus der zeitgenössischen Architektur kaum wegzudenken. Gerade bei Sonnenschutzlösungen wie Lamellenstoren, Rollläden oder Fassadenmarkisen hat sich das Leichtmetall bewährt: Seine Langlebigkeit und Korrosionsbeständigkeit, die es gegen Witterungseinflüsse resistent machen, sein geringes Gewicht, die durch seine Beschaffenheit große Designvielfalt sowie seine Recyclingfähigkeit machen Aluminium zu einer guten Wahl für den Einsatz im Fassadenbereich. 

Doch neben zahlreichen Vorteilen bringt die Verwendung von Aluminium auch ökologische Herausforderungen mit sich. Zu diesen Schattenseiten zählen der hohe Energieverbrauch bei der Herstellung, die Umweltbelastung durch den Bauxitabbau und emissionsintensive Prozesse: Bei der Schmelzflusselektrolyse entstehen nicht nur große Mengen CO2, sondern auch stark klimaschädliche perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFCs).

Ein Großteil der Sonnenschutzlösungen von Griesser wie Lamellenstoren, Rollläden oder Fassadenmarkisen besteht heute aus Aluminium. Um zügig klimaneutral zu werden, investiert das Schweizer Unternehmen in die Verbesserung der Umweltbilanz des Leichtmetalls. (Foto: © Griesser)
Die Aluminiumproduktion ließe sich viel nachhaltiger gestalten

Mit seinen hervorragenden Recycling-Eigenschaften eignet sich das Metall gut für die Kreislaufwirtschaft. Aluminium hat das Potenzial zu einem Werkstoff der Zukunft zu werden. Doch bis dahin ist der Weg noch weit: Bislang wird weltweit noch immer zu viel Aluminium neu hergestellt, noch dazu großenteils mit fossilen Energieträgern. Um das zu ändern, braucht es neben intrinsisch motivierten Unternehmern auch politische Maßnahmen, die zu einem nachhaltigeren Handeln zwingen.

Gerade in Zeiten, da klimapolitische Anliegen aufgrund von Krieg und Handelskonflikten wieder mehr in den Hintergrund zu geraten drohen und gesetzliche Vorstöße verzögert oder sogar außer Kraft gesetzt werden, ist es umso wichtiger, als Gesellschaft Klimaschutzthemen nicht aus den Augen zu verlieren und Verantwortung zu übernehmen. Ganz besonders gilt das für stark CO2-emissionsverursachende Branchen und Unternehmen. Dazu zählt die Aluminiumindustrie, die bei der Metallerzeugung mittels Elektrolyse erhebliche CO2-Emissionen verursacht. Ein wesentlicher Anteil stammt von indirekten Emissionen aus der Stromerzeugung in mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerken. 

Mit einem weltweiten Anteil von 60 Prozent ist China der größte Produzent von Primäraluminium – mehrheitlich wird dabei Kohlestrom genutzt. Getrieben vom Reich der Mitte liegt der globale Durchschnitt bei 16.7 kg CO2-Emission pro produziertem kg Aluminium. Dank nachhaltigeren Fertigungs- und Stromerzeugungsmethoden generiert in Europa hergestelltes Primäraluminium einen durchschnittlichen CO2-Fußabdruck von 6.7 kg CO2-Äquivalent pro kg Aluminium. 

Grafik: © Griesser
Recycling und grüne Energie verbessern die Umweltbilanz

Obschon die Bauindustrie von einem flächendeckenden klimaschonenden Bauen noch weit entfernt ist, verfolgen auch in diesem Industriezweig immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeitsziele mit einem klar definierten Absenkungspfad und dem Endziel Netto-Null. Eine dieser Firmen ist Griesser. Der Schweizer Sonnenschutzhersteller zählt zu den Branchenvorreitern und hat bereits vor Jahren seine Klimaambitionen in den strategischen Unternehmenszielen integriert. In der 143-jährigen Firmenhistorie spielt Aluminium seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle, wie Urs Neuhauser, CEO der Griesser Group, sagt: »Früher fertigten wir unsere Produkte aus Holz. Aber bereits Ende der 40er-Jahre erkannten wir die Mehrwerte von Aluminium. Heute dominiert Aluminium unsere Produktwelt.« 

Die intensive Nutzung des Werkstoffs wirkt sich erwartungsgemäß negativ auf Griessers CO2-Bilanz aus: Von den bilanzierten Kategorien Material, Energie, Mobilität und Transport sowie Entsorgung fällt mit 87 Prozent der höchste CO2-Anteil im Bereich Material an. Innerhalb dieser Kategorie wiederum werden 78 Prozent durch Aluminium verursacht. Eine vollständige Dekarbonisierung bis 2050 wird dadurch stark erschwert. »Im Material-Bereich Aluminium haben wir den größten Hebel, um unseren CO2-Footprint stark zu verringern«, erklärt Urs Neuhauser. »Dies begründet die Priorität unseres Handelns und weshalb wir genau in diesem Bereich nach Lösungen suchen.«

Das bisher von Griesser verwendete Aluminium bestand zu 36 Prozent aus Pre-Consumer- und Post-Consumer-Schrott, also Prozess- und Verbraucherschrott, sowie zu 64 Prozent aus Primäraluminium. Das neu verwendete Green Aluminium hingegen setzt sich zu 65 Prozent aus Pre-Consumer- und Post-Consumer-Schrott sowie lediglich noch zu 35 Prozent aus Primäraluminium zusammen. Dies ermöglicht dem europaweit tätigen Sonnenschutzunternehmen CO2-Einsparungen pro kg Aluminium von bis zu 30 Prozent auf 3.3 kg CO2 je kg Aluminium. Dafür arbeitet Griesser mit zwei skandinavischen Lieferanten zusammen, welche zertifiziertes Low-Carbon-Aluminium anbieten. Gerade im Bereich des Primäraluminiums bringt dies weitere Vorteile. Denn dieses Material wird mit erneuerbaren Energien (Wasser- und Windkraft) und modernen Technologien in Europa erzeugt, was zu bis fünfmal tieferen CO2-Emissionen im Vergleich zur herkömmlichen kohleintensiven Herstellung führt. 

Fertigung in Griessers Vorzeigefabik im österreichischen Nenzing (Foto: © Griesser Austria)
Das Umweltbewusstsein wächst

Bislang ist Green Aluminium ausschließlich beim Fensterladensortiment im Einsatz. »Bei unseren Fensterläden ist mengenmäßig der höchste Aluminiumanteil verbaut, weshalb wir unsere Initiative dort starteten«, sagt Urs Neuhauser. »Die Herausforderung liegt aktuell darin, dass die verfügbare Menge des nachhaltigeren Aluminiums zu gering ist, um sofort komplett umzustellen und den CO2-Anteil auf ein nochmals tieferes Niveau zu bringen. Entsprechend erfolgt dies schrittweise.« Die Herstellung ist momentan noch kostenintensiver als die Verwendung von nicht recyceltem Aluminium. Davon spürt die Griesser-Kundschaft jedoch nichts, wie Urs Neuhauser versichert: »Die Mehrkosten geben wir nicht weiter. Dank Effizienzsteigerungen wie der Senkung von Materialausschuss durch Fertigungsoptimierungen oder Aluminium-ärmere Produkt-Redesigns mit gleichbleibender Qualität gelingt es uns, diese Kosten auszugleichen.«

Wenngleich Sonnenschutzlösungen bei vielen Haus- oder Wohnungsbesitzenden nicht der erste Gedanke bei Energie- und CO2-optimierten Bau- und Renovationsprojekten sind, so tragen sie doch einen gewichtigen Anteil zur Reduktion des Energieverbrauchs bei. Durch nachhaltige Herstellung wirken sie sich zudem sehr positiv auf die CO2-Bilanz eines Gebäudes aus. Das merkt vermehrt auch die Kundschaft von Griesser: »Die Nachfrage nach nachhaltigen Produktlösungen im Beschattungssegment wächst, wenn auch nur langsam. Es braucht immer noch viel Sensibilisierungsarbeit«, meint Urs Neuhauser. Genauso wichtig sei aber, in der gesamten Branche etwas zu bewirken: »Fakt ist, zur Bewältigung der Klimakrise braucht es nicht nur einzelne, sondern das Kollektiv. Deshalb ist es für uns wichtig, einen branchenweiten Impuls zu setzen, um gemeinsam dem Klimawandel entgegenzuwirken.«

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